Arno Reinfrank

Arno-Reinfrank-Jugendpreis 2021

Franziska Muhl

Die Zeitumstellung

In der Nacht vom 27. auf den 28. März 2021 wird die MEZ um eine Stunde nach vorne gestellt. Eine Stunde weniger Schlaf. Eine Stunde weniger Zeit dafür, mich über die zu früh untergehende Sonne aufzuregen, eine Stunde weniger Zeit, darüber nachzudenken, warum überhaupt die Zeit vergeht. Das bringt mich zu folgender Frage: Wo ist diese eine Stunde hin? Ist sie beim Aldi am Samstagmorgen, als es die Corona-Selbsttests im Angebot gab, im Ansturm untergegangen und nicht wieder aufgetaucht? Hat sie sich verlaufen und findet nun nicht mehr den Weg zurück? Oder hat sie sich einfach dazu entschlossen, allen Menschen, die sich mühsam an die Winterzeit, die Dunkelheit ab 16 Uhr und das Tageslicht erst ab neun Uhr morgens gewöhnt haben, nun eins auszuwischen und zu sagen: „Ätsch, hier bin ich. Du hast das letzte halbe Jahr damit verbracht, dich in der Dunkelheit aus dem Bett zu quälen, nur um nachmittags wieder im Dunkeln von der Schule oder von der Arbeit nach Hause zu kommen und, ohne einen Funken Tageslicht gesehen zu haben, dich wieder ins Bett zu legen und darauf zu warten, dass der ganze Scheiß wieder von vorne losgeht.“ Ich glaube ja, dass es Letzteres war. Nachdem ich mir die Frage gestellt hatte, wo diese Stunde hin sei, kamen direkt die nächsten auf. Warum denn jetzt das Ganze? Wer kam auf diese bescheuerte Idee, dem Tag einfach eine Stunde wegzunehmen? Fehlt ihm denn dann nicht jetzt etwas? Was, wenn der Tag, der eigentlich 24 Stunden hat, jetzt total traurig ist und sich nichts sehnlicher wünscht, als seine eine verlorengegangene Stunde wiederzuhaben? Eine Antwort auf diese Frage kann mir keiner geben, jedoch bin ich mir sicher, dass der Mensch, der sich das ausgedacht hat, eine Person sein muss, die es eilig hat und nicht nach dem Motto lebt, „jetzt ist die beste Zeit“, sondern eher nach dem Wahlspruch, „in einer Stunde wird’s bestimmt besser sein“. Ob man sich jetzt um sieben Uhr aus dem Bett quält oder sogar schon um sechs Uhr aufstehen muss, das scheint der Zeit egal zu sein, denn man kann sich sicher sein, dass man die Zeit, die man beim darüber Nachdenken, wohin sie denn verschwunden sei, verschwendet, nicht mehr wieder bekommt, auch wenn jemand beschließt, dem Tag eine Stunde zu nehmen oder ihm eine zu schenken.

 

Franziska Muhl DE1c
Hebel-Gymnasium 
Schwetzingen