Zum sechsten Mal wurde der mit 5.000 Euro dotierte Arno-Reinfrank-Literaturpreis am Donnerstag 11. November 2021 im Historischen Rathaus der Stadt Speyer vergeben. Ihn erhielt der in Kaiserslautern lebende Autor Tijan Sila für seinen Roman „Die Fahne der Wünsche“.
Nachdem die Jury des Arno-Reinfrank-Literaturpreises nicht wie geplant im März zusammentreten konnte, war Anfang November 2020 dann doch ein persönliches Treffen unter dem Vorsitz von Jeanette Koch, der Witwe des Schriftstellers Arno Reinfrank und Stifterin des nach ihm benannten Preises, möglich. Bei dieser Jurysitzung entspann sich eine lebhafte Diskussion, in deren Verlauf der nächste Gewinner des Arno-Reinfrank-Preises gekürt wurde. Alle Beteiligten sind sehr glücklich darüber, einem Schriftsteller in diesen schwierigen Zeiten nicht nur eine Freude bereiten, sondern neben der Anerkennung seines Werkes auch finanzielle Unterstützung zukommen lassen zu können.
Die Jury hat sich für Tijan Sila und seinen Roman "Die Fahne der Wünsche" entschieden. Der in dem fiktiven Crocutanien am Rande Europas angesiedelte Roman ist eine hintersinnige Schilderung der Erlebnisse des Radrennfahrers Ambrosio, der in dem totalitär regierten Land zu reüssieren versucht. Zwischen Anpassung und Aufmüpfigkeit gelingt es ihm, sich eher duldsam als oppositionell durchzulavieren. Außer im Sport findet Ambrosio Vergnügen am Flippern, das schließlich auch verboten wird, wie zuvor Alkohol und freie Liebe. Man denkt an Diktaturen des nahen oder fernen Ostens und vergisst darüber, dass man auch in westlichen Gesellschaften Alkoholverbot und Prüderie kannte, dass Flippern tatsächlich zuerst in den USA über dreißig Jahre lang wegen Gefährdung der Sittlichkeit der Jugend verboten war. Man muss in diesem Roman zwischen den Zeilen lesen können. Das Urteil der Jury: „Die Fahne der Wünsche" ist ein kluger literarischer Kommentar zu patriarchalischer Ordnung bzw. Unordnung und dabei eine höchst unterhaltsame Lektüre.“
Tijan Sila, geboren 1981 im damals noch jugoslawischen Sarajevo, flüchtete mit seiner Familie während der Belagerung Sarajevos und kam 1994 als Emigrant nach Deutschland. Er wuchs in Landau in der Pfalz auf (wo er auch als Gitarrist in einer Punkband auftrat). Nach einem Studium der Germanistik und Anglistik in Heidelberg lebt Sila heute mit seiner Frau in Kaiserslautern und arbeitet dort als Deutschlehrer an einer Berufsschule. Bei dem Namen Sila (bosnisch für „Kraft“, „Macht“) handelt es sich um sein Autoren-Pseudonym.
Im Jahr 2017 erschien bei Kiepenheuer & Witsch Silas Debütroman Tierchen unlimited, bereits 2018 gefolgt von dem Roman Die Fahne der Wünsche. Im Mai 2021 erschien Silas dritter Roman Krach.
Tijan Sila wird am 15 Februar 2022 um 19.30 Uhr beim SPEYER LIT lesen.